
Bergiges Weinanbaugebiet Priorat
Wenn irgendwo auf der Welt über Spaniens feinste Weine gesprochen wird, fällt ein Name garantiert: das Priorat. Tief verborgen im ungezähmten Hinterland Kataloniens gelegen, hat sich dieses kleine, raue Fleckchen Erde seinen Platz in der Champions League des Weinbaus erkämpft. Neben Rioja ist es das einzige Anbaugebiet in ganz Spanien mit der ... weiterlesen »
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... begehrten D.O.Ca (Denominación de Origen Calificada) Klassifizierung. Die Qualität schmeckt man: Priorat Weine gehören nicht nur zu den besten Spaniens, sondern der ganzen Welt. Top Bewertungen internationaler Weinkritiker für die Weingüter der Region sind jedes Jahr die Regel, nicht die Ausnahme.Ein Weinbaugebiet mit Geschichte und Charakter
Die Geschichte des Priorats beginnt im Mittelalter. Genauer gesagt im Jahr 1163, als Kartäusermönche das Kloster Priorato de Scala Dei gründeten. Einer Legende zufolge zeigte ein Hirtenjunge den Mönchen den Ort, an dem Engel über eine Himmelsleiter hinabgestiegen seien. Dort legten sie nicht nur das Fundament des Klosters, sondern auch den Grundstein für eine lange Weintradition.
Über Jahrhunderte hinweg florierte der Weinbau, bis sich Ende des 19. Jahrhunderts die Reblauskatastrophe ereignete und nicht nur im Priorat, sondern praktisch ganz Spanien unvorstellbaren Schaden anrichtete. Was im Priorat blieb, war ein verwüstetes und bald vergessenes Weinbaugebiet. Abgelegen, verwildert und wirtschaftlich praktisch bedeutungslos.
In den späten 1980er Jahren allerdings, hat sich das Blatt gewendet. Eine kleine Gruppe junger, mutiger Winzer hat hier den Neuanfang gewagt. Álvaro Palacios, René Barbier, Carles Pastrana und Daphne Glorian. Gemeinsam mit dem Biologieprofessor José Luis Pérez haben sie die alten Reben rekultiviert. Gemeinsam haben sie den Grundstein für das heute weltweit berühmte Weingebiet gelegt. Nach aktuellen Zahlen aus 2024 stehen in elf Gemeinden auf 1.600 bis 2.000 Hektar Rebfläche einige der spektakulärsten Weine Spaniens.
Steillagen, Schiefer, Siurana: Das Terroir des Priorats
Was macht das Priorat so einzigartig? Kurz gesagt: Es verlangt seinen Reben alles ab. Die Weinberge ziehen sich in schwindelerregender Steilheit über die Hügel des Montsant-Gebirges. Oft sind die Hänge so steil, dass Maschinen keine Chance haben. Maultiere, Pferde und Winzerhand sind hier die einzigen Helfer.
Der Boden besteht fast ausschließlich aus Llicorella-Schiefer, einem dunklen, splittrigen Gestein, durchsetzt mit Quarz. Für die Rebstöcke bedeutet das: Ihre Wurzeln müssen bis zu 15 Meter tief nach Wasser und Nährstoffen graben. Was oberflächlich lebensfeindlich wirkt, sorgt im Endergebnis für Konzentration, Kraft und eine beeindruckende Mineralität im Wein.
Das Klima zeigt sich von seiner extremen Seite. Heiß, trocken, mediterran geprägt – mit frischen Brisen vom nahen Mittelmeer. Der Siurana-Fluss, ein Nebenarm des Ebro, bringt zusätzlich Wasser ins Spiel. Die Erträge bleiben durch diese Bedingungen niedrig: 10 bis 25 Hektoliter pro Hektar sind hier die Regel, nicht die Ausnahme. Und genau diese karge Fülle macht den Zauber aus.
Welche Rebsorten prägen das Priorat?
Das Priorat liebt Vielfalt, bleibt aber seinen Wurzeln treu. Die beiden Stars der roten Rebsorten heißen:
- Garnacha (Garnatxa, Grenache Noir): Sorgt für Fruchtfülle, Würze und weiche Tannine.
- Cariñena (Mazuelo, Carignan): Bringt Rückgrat, Struktur und Tiefe in jede Cuvée.
Ab den 1990ern haben experimentierfreudige Winzer internationale Sorten ergänzt:
- Cabernet Sauvignon
- Merlot
- Syrah
- Pinot Noir (selten, aber vorhanden)
Bei den Weißweinen spielt Quantität keine Rolle, Qualität dafür umso mehr:
- Garnacha Blanca
- Macabeo (Viura)
- Pedro Ximénez
- Chenin Blanc
- Viognier
Auffällig ist, dass viele Weingüter heute bewusst wieder zu den autochthonen Sorten zurückkehren. Alteingesessene Garnacha- und Cariñena-Stöcke stehen dabei klar im Mittelpunkt.
Der Geschmack des Priorat: Kraft trifft Eleganz
Wie schmeckt ein typischer Priorat? Ein wenig, als würde man in flüssigen Schiefer beißen – aber auf die eleganteste Art. Kräftige, tiefdunkle Farben springen schon im Glas ins Auge. Am Gaumen dominieren intensive Fruchtaromen, dunkle Beeren, Gewürze und oft eine feine Kräuternote. Das Markenzeichen: eine mineralische Spannung, die dem Wein Rückgrat und Frische verleiht.
Rotweine aus dem Priorat zeigen:
- Viel Tannin
- Alkoholwerte zwischen 14 und 16 % vol.
- Komplexe, dichte Struktur
- Ausgeprägtes Lagerpotenzial
Früher hat der Fokus klar auf Extraktion und Barrique-Ausbau gelegen. Heute schlagen viele Winzer andere Wege ein. Große Holzfässer, Betontanks und sogar Betoneier gewinnen an Bedeutung. Das Ziel: mehr Eleganz, weniger Wucht – aber immer mit der unverkennbaren Priorat-Persönlichkeit.
Die Weine brauchen Geduld: Oft zeigen sie sich erst nach 5 Jahren Reifezeit von ihrer besten Seite. Doch dann halten sie locker 20 bis 25 Jahre durch.
Pioniere und Ikonen: Die bekanntesten Priorat-Weingüter
- Álvaro Palacios: Kultwein L’Ermita, Fokus auf alte Garnacha-Reben, reine Handarbeit, einer der teuersten Weine Spaniens.
- René Barbier: Gründer von Clos Mogador, internationaler Pionier, frühe Einführung internationaler Rebsorten, Weingut in Gratallops.
- Mas Martinet (José Luis Pérez): Biologischer und wissenschaftlicher Ansatz, Mitgründer von Cims de Porrera, biologischer Anbau.
- Cims de Porrera: Fokussiert auf alte Rebbestände und historische Lagen, ökologische Arbeitsweise.
- Costers del Siurana: Produzent des berühmten Clos de l’Obac, Vorreiter in Sachen Qualität über Menge, geführt von Carles Pastrana.
- Terroir al Límit: Finesse statt Power, burgundischer Stil, biodynamische Arbeitsweise, elegante Stilistik.
- Nin Ortiz: Biologisch und biodynamisch, bekannt für elegante, kraftvolle Weine.
- Familie Torres: Große spanische Weinbau-Dynastie, neue Qualitätsmaßstäbe auch im Priorat.
Heute bewirtschaften rund 60 Weingüter die steilen Hänge des Priorats – jeder einzelne Betrieb trägt dazu bei, die Region weiterzuentwickeln und ihre Einzigartigkeit zu bewahren.